www.deutsches-marinearchiv.de | Marine seit 1990 | Letzte Änderung: 15.03.2010 |
Einsätze der Deutschen Marine
Atalanta
Anti-Piraterie-Einsatz der Europäischen Union am Horn von Afrika
Beginn:
19.12.2008 Beschluss des Deutschen Bundestages, dass sich
Deutschland an der Anti-Piraterie-Mission der Europäischen Union beteiligen
wird.
Namensgebung:
Diese erste maritime Mission der Europäischen Union heißt EU NAVFOR
(für Naval Force) / Operation ATALANTA.
Zielsetzung:
Die EU verfolgt mit dieser Operation das Ziel, die Piraten am Horn von
Afrika und im Seegebiet bis zu 500 Seemeilen vor der Küste Somalias und seiner
Nachbarländer abzuschrecken und die Seeräuberei einzudämmen. Vorrangig werden
die Schiffe für das Welternährungsprogramm (WEP) geschützt, darüber hinaus
auch andere Schiffe mit humanitären Hilfsgütern, Schiffe unter EU-Flagge,
Schiffe teilnehmender Nationen und andere Fahrzeuge im Rahmen vorhandener Möglichkeiten.
Im Rahmen der durch die EU festgelegten Einsatzregeln und nach Maßgabe des Völkerrechts ergeben sich für die Bundeswehr im Rahmen der EU-geführten Operation ATALANTA folgende Aufgaben:
Völkerrechtliche Grundlage:
Sichtbares Zeichen für ein internationales Engagement im
Bereich der Bekämpfung der Seeräuberei ist die Resolution 1816, die der
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 2. Juni 2008 einstimmig beschlossen
hat. Erstmals existiert damit ein Beschluss des Gremiums, welche die
seefahrenden Mächte zur Bekämpfung der Piraterie ermächtigt und aufruft.
Dieses Ziel wurde mit der Resolution 1846 vom 2. Dezember 2008 bekräftigt.
Verlängerung:
November 2009: durch die EU
um ein weiteres Jahr bis Dezember 2010 verlängert.
17.12.2009 Der Deutsche Bundestag stimmt dem Antrag der Bundesregierung zur Verlängerung
der Anti-Piraterie-Mission vor der Küste Somalias um weitere 12 Monate zu.
Die NATO hat Mitte März 2010 beschlossen, den Einsatz "Ocean Shield"
vor der Küste Somalias bis Ende 2012 zu verlängern.
Einheiten und Nationen:
Zeitgleich sollen seitens der truppenstellenden Nationen jeweils
mindestens drei Kriegsschiffe, ein Unterstützungsschiff sowie drei Seefernaufklärer
der Operation ATALANTA unterstellt werden. Insgesamt haben neun EU-Nationen
Beiträge zugesichert, darunter unter anderem Frankreich, Griechenland,
Niederlande und Portugal.
Dänemark und die Niederlande haben bereits Geleitschutz für Schiffe im
Auftrag des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen geleistet. Die
Marine Schwedens hatte im Herbst drei Monate lang mit Korvetten, einem
Unterstützungsschiff sowie Spezialkräften vor Somalia den Geleitschutz für
Schiffe des Welternährungsprogramms übernommen.
Auch die NATO
nahm im Rahmen von ALLIED PROVIDER mit Teilen der Standing
NATO
Maritime Group 2 (SNMG 2) diese Aufgaben wahr. Die NATO
unterhält zurzeit vier ständige maritime Einsatzverbände. Die SNMG
2 operiert vor allem im Mittelmeer, kann bei Bedarf aber sofort in andere
Krisengebiete verlegt und dort eingesetzt werden.
Derzeit ist die Marine im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM (OEF) am Horn von Afrika mit der Fregatte MECKLENBURG-VORPOMMERN vertreten. Das Mandat zu OEF sieht jedoch keine gezieltes Vorgehen gegen Piraterie vor.
Bei einem Angriff auf ein Handelsschiff darf daher nur im Rahmen der erweiterten Nothilfe, wie durch die Fregatte MECKLENBURG-VORPOMMERN geschehen, eingegriffen werden. Die Fregatte MECKLENBURG-VORPOMMERN hatte am 13. Dezember in kurzen Abständen zwei Notrufe von zwei Handelsschiffen empfangen und durch den Einsatz der Bordhubschrauber Piratenangriffe abgewehrt.
Deutschland beteiligt sich derzeit mit einer Fregatte inklusive 2 Bordhubschraubern und einem Boardingteam. Weiterhin werden Kräfte zur Verwendung in den zur Führung der Operation ATALANTA gebildeten Stäben und Hauptquartieren einschließlich der Kräfte zur Unterstützung der Führungsfähigkeit sowie - soweit erforderlich - Kräfte als Verbindungsorgane zu nationalen und internationalen Dienststellen, Behörden und Organisationen eingesetzt. Bis zu 1.400 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr können an der Operation ATALANTA eingesetzt werden.
Für die deutsche Beteiligung werden folgende militärische Fähigkeiten bereitgestellt:
deutsche Kommandeure:
__.__._____ - 08.02.2009 Fregattenkapitän
Hans Kuhfahl (Kdt. Fregatte Karlsruhe)
08.02.2009 - 06.08.2009 Fregattenkapitän Markus
Rehbein (Kdt. Fregatte Rheinland-Pfalz)
06.08.2009 - 04.09.2009 Fregattenkapitän Torsten Ites (Kdt. Fregatte
Brandenburg)
04.09.2009 - 27.01.2010 Fregattenkapitän Götz Eichberg
(Kdt. Fregatte Bremen)
seit 27.01.2010 Fregattenkapitän Ulrich
Brosowsky (Kdt. Fregatte Mecklenburg-Vorpommern)
deutsche Schiffe:
__.__._____ - 08.02.2009 Fregatte Karlsruhe
08.02.2009 - 06.08.2009 Fregatte Rheinland-Pfalz
06.08.2009 - 04.09.2009 Fregatte Brandenburg
04.09.2009 - 27.01.2010 Fregatte Bremen
seit
27.01.2010 Fregatte Mecklenburg-Vorpommern
Bedeutung der Seewege für Europa:
Mehr als 90 Prozent des Welthandels werden über See abgewickelt.
Seit 1990 ist der Seehandel um durchschnittlich 3,6 Prozent pro Jahr gewachsen.
170 Länder betreiben Handelsschifffahrt, 10.000
Reedereien betreiben weltweit 90.000 Handelsschiffe.
Fast die Hälfte dieser Schiffe gehören europäischen Reedereien - damit ist
Europa unangefochtener Spitzenreiter im Seetransportgeschäft. Innerhalb Europas
kommt Griechenland auf die größte Handelsflotte, direkt gefolgt von
Deutschland.
Doch während im Flugverkehr die Sicherheitsvorkehrungen in den vergangenen Jahren ständig erweitert wurden, stecken sie auf See erst in den Anfängen. Häufig sind selbst grundlegende Informationen unbekannt, etwa wer ein Schiff besitzt oder welche Ladung sich an Bord befindet.
Ein weiteres Problem: die Konzentration auf wenige Seewege und große Häfen. Drei Viertel des gesamten Seehandels werden von Kapitänen durch einige wenige Engpässe manövriert. Dazu zählen künstliche Wasserstraßen (vor allem Panama- und Suezkanal), aber auch Meerengen wie der Ärmelkanal oder die Straße von Gibraltar.
Der Golf von Aden ist die wichtigste Seeverbindung zwischen Europa und Asien.
Nach internationalem Recht und nach Artikel 100 des
Seerechtsübereinkommens (SÜR) der Vereinten Nationen (VN) sind alle Staaten
zur größtmöglichen Zusammenarbeit verpflichtet, um „Seeräuberei auf
Hoher See oder an jedem anderen Ort zu bekämpfen, der keiner staatlichen Gewalt
untersteht.
“
Seeräuberei ist jede der folgenden Handlungen:
a) jede rechtswidrige Gewalttat oder Freiheitsberaubung oder jede Plünderung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines privaten Schiffes oder Luftfahrzeugs zu privaten Zwecken begehen und die gerichtet ist
b) jede freiwillige Beteiligung am Einsatz eines Schiffes oder Luftfahrzeugs in Kenntnis von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass es ein Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug ist;
c) jede Anstiftung zu einer unter Buchstabe a oder b bezeichneten Handlung oder jede absichtliche Erleichterung einer solchen Handlung.
Die Artikel 105 I, 107 und 111 des Seerechtsübereinkommens enthalten die Befugnis für Kriegsschiffe aller Staaten, im Falle eines seeräuberischen Angriffs auf Hoher See einzugreifen, den Angriff abzuwehren und das Tatfahrzeug aufzubringen sowie die Täter unschädlich zu machen, unabhängig von der Flagge des angegriffenen Schiffes.
Akte der Piraterie in Hoheitsgewässern werden allerdings nicht vom Seerechtsübereinkommen erfasst, ebenso wenig terroristische Angriffe, obwohl die Mehrzahl der Piratenangriffe in den Küstenmeeren, auf Reeden und in Häfen, mithin in fremden Hoheitsgebieten erfolgt. Es ist somit nicht automatisch möglich, auf Basis des Seerechtsübereinkommens in Territorialgewässer anderer Staaten hineinzuwirken.
Die deutschen Streitkräfte handeln bei ihrer Beteiligung an der EU-geführten Operation auf der Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 und der Resolutionen 1814 (2008) vom 15. Mai 2008, 1816 (2008) vom 2. Juli 2008, 1838 (2008) vom 7. Oktober 2008, 1846 (2008) vom 2. Dezember 2008 und nachfolgender Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in Verbindung mit der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union vom 10. November 2008 im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art. 24 Abs. 2 des Grundgesetzes.Weitere Informationen:
Quellen:
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